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Studie: Kontext-Effekte in Augmented Reality

Augmented Reality (AR) ist in der heutigen Marketingwelt bereits weit verbreitet. AR ermöglicht es Kunden, virtuelle Inhalte in ihre Wahrnehmung der realen Welt zu integrieren. Produktvisualisierungen sind heute schon fast Standard – und weitere Anwendungsfälle entwickeln sich. Umso wichtiger ist es, sich dem Thema AR-Marketing zu widmen – als Unternehmen und als Wissenschaftler.

Augmented Reality und Kontext

Ein entscheidender Punkt, der in der bisherigen AR-Forschung vernachlässigt wurde, ist der physische Kontext, in dem AR-Inhalte konsumiert werden. Das Wort „Kontext“ stammt aus dem Lateinischen und setzt sich aus den Wörtern „con-“ und „textus“ zusammen. „Con-“ bedeutet „zusammen“ oder „mit“, während „textus“ mit „Gewebe“ oder „Geflecht“ übersetzt werden kann. Es gibt natürlich verschiedene Kontextfaktoren im Bereich AR (z.B. Geruch, Lautstärke, Schmutz etc.) – und natürlich den Ort der Nutzung als „physischen Kontext“.

Diesem Thema haben wir uns gewidmet. Wird der gleiche Inhalt an verschiedenen Orten unterschiedlich bewertet? Wird die Waschmaschine auf dem Foto am Strand („unpassender Kontext“) besser oder schlechter bewertet, als in der Waschküche der Kunden („passender Kontext“)? Intuitiv würde ich sagen, ja. Aber ganz so einfach ist es dann doch wieder nicht.

Kontext Effekt, Augmented Reality am falschen Ort genutzt

Studie: Wie sich der Nutzungskontext auf das AR-Erlebnis auswirkt

Ziel der Studie „Context in augmented reality marketing: Does the place of use matter?“ (Download) war es herauszufinden, wie Menschen identische AR-Inhalte (z.B. ein virtuelles Sofa) an unterschiedlichen Orten (z.B. zu Hause versus im Hörsaal) bewerten. Dies haben wir in zwei Studien untersucht, die nun in der Zeitschrift „Psychology and Marketing“ veröffentlicht wurden. Diese Zeitschrift hat eine Annahmequote von 19%, d.h. weniger als jedes fünfte eingereichte Manuskript wird auch veröffentlicht. [Journal Citation Indicator (Clarivate): 1,1; Journal Impact Factor (Clarivate): 5,507]

Die erste Studie wurde auf dem Campus der Universität der Bundeswehr München durchgeführt. Dabei wurden die Studenten entweder auf dem Campus oder in ihren Wohnheimzimmern befragt (d.h. unterschiedliche Kontexte). Sie wurden gebeten, sich ein Sofa in der Ikea Place App anzusehen. In der zweiten Studie haben wir über ein professionelles Marktforschungsinstitut Verbraucher zu Hause befragt. Sie testeten und bewerteten einen Wasserkocher in der Küche vs. im Wohnzimmer mit der SAGE App. Durch hochgeladene Screenshots konnten wir sicherstellen, dass die Anwendungen auch richtig genutzt wurden.

Studie: Warum ein passender Kontext in AR gut und warum nicht

Die Ergebnisse zeigen, dass der Kontext einen Einfluss auf die Beurteilung und Bewertung von AR-Inhalten hat – allerdings nicht ganz so einfach, wie man das erwarten würde.

  • Ein passender Kontext führt dazu, dass Konsumenten das Erlebnis als plausibel bewerten. Plausible Erlebnisse sind gut, weil sie als nützlicher empfunden werden.
  • Ein passender Kontext führt jedoch (paradoxerweise) zu einer geringeren „Local Presence“, d.h. der Wahrnehmung, dass das virtuelle Produkt „wirklich hier“ ist. Umgangssprachlich ausgedrückt wird das virtuelle Objekt also als „weniger real“ wahrgenommen – was nicht gut ist. Dies könnte daran liegen, dass die virtuellen Objekte im direkten Vergleich mit einem typischen Kontext und anderen „echten“ Produkten (z.B. anderen Möbeln) stehen – und aktuelle Technologien hier eben noch nicht konkurrenzfähig sind.
  • Die folgende Abbildung zeit das Modell mit Ergebnissen für die erste Studie.
Context Effekt Augmented Reality

Fazit: Kontext ist relevant!

Bisher wurde der Kontext in der AR-Forschung stark vernachlässigt. Mit dieser Studie zeigen wir, dass dem Ort der Nutzung eine ganz besondere Rolle zukommen muss. AR ist nicht immer und vor allem nicht überall sinnvoll – eine Erkenntnis, die man bei der Diskussion rund um das Metaverse im Hinterkopf behalten sollte. Nun gilt es, die negativen Effekte – die geringere lokale Präsenz am „richtigen“ Ort – zu kompensieren. Dies kann vor allem durch besseres Design, besseres Tracking und bessere Geräte geschehen. Aber auch kontextadaptive Darstellungsformen könnten AR-Inhalte ggf. im Design an die Umgebung anpassen.

Download: Studie zu Kontext in Augmented Reality Marketing

Die Studie kann kostenlos heruntergeladen und genutzt werden (Open Access).

Von der Au, Simon; Rauschnabel, Philipp A.; Felix, Reto; Hinsch, Chris (2023). Context in augmented reality marketing: Does the place of use matter?, Psychology & Marketing, in Veröffentlichung; DOI: https://doi.org/10.1002/mar.21814

Weiterführende Literatur

Rauschnabel, P. A., Felix, R., Hinsch, C., Shahab, H., & Alt, F. (2022). What is XR? Towards a framework for augmented and virtual reality. Computers in Human Behavior, 133, 107289.

Rauschnabel, P.A., Babin, B., Krey, N., & Jung, T. (2022). What is Augmented Reality Marketing? Its definition, complexity, and future. Journal of Business Research, 142, 1140-1150.